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Arbeitsmarkt

Die Kündigungsfreudigen: Wechselwille ja, Angst vor Jobverlust nein

Die Bereitschaft der Deutschen, den Job zu wechseln, ist erstmals seit drei Jahren gesunken. Ausgerechnet in der Krise sind sie optimistisch.Jannik Deters 27.01.2025 - 06:00 Uhr
Foto: Getty Images

Es sind zwei Dinge, die so recht nicht zusammenpassen: Wirtschaftlicher Abschwung und Inflation wecken in den Deutschen einerseits das Bedürfnis nach Jobsicherheit – und andererseits nach mehr Geld. In einer jährlich durchgeführten Forsa-Umfrage im Auftrag der Karriereplattform Xing fordern 65 Prozent ein höheres Gehalt, vier Prozentpunkte mehr als 2024. Das dürfte in Zeiten des wirtschaftlichen Abschwungs jedoch schwierig zu erfüllen sein.

Und so ist das Bedürfnis nach Jobsicherheit offenbar stärker als das Verlangen nach mehr Geld – und der Willen, dafür einen Jobwechsel zu wagen. Denn die Wechselbereitschaft der Deutschen ist erstmals seit 2022 leicht gesunken, auf 36 Prozent. Sieben Prozent der Befragten haben bereits konkrete Pläne, in diesem Jahr zu kündigen.

Zwar ist der Anteil derer, die sich geringe oder keine Sorgen um ihren Arbeitsplatz machen, von 94 auf 91 Prozent gesunken, er ist aber weiterhin erstaunlich hoch. „Trotz eines kriselnden Arbeitsmarktes bleiben Beschäftigte in Deutschland grundsätzlich optimistisch, was ihre eigene Situation angeht“, sagt Xing-Geschäftsführer Thomas Kindler. Sie sind zuversichtlich, schnell wieder einen neuen Job zu finden: Knapp zwei Drittel gehen davon aus, dass sie innerhalb eines halben Jahres erfolgreich wären.

Eine Erklärung für diesen Optimismus ist der Fachkräftemangel, der trotz der Stellenstreichungen weiter existiert. Das Kalkül: Die brauchen mich. Oder: Irgendwo komme ich schon wieder unter.

Mangel herrscht längst nicht überall, es kommt stark auf die Branche an. Aber vor allem im Elektrobau, der Energiewirtschaft, der Pflege und Kinderbetreuung fehlen Fachkräfte. Regional sind die Nöte der Unternehmen, Mitarbeiter zu finden, unterschiedlich, wie eine aktuelle Erhebung der Karriereplattform Jobleads zeigt. Hamburg hat demnach vor Berlin den größten Fachkräftemangel, Sachsen-Anhalt den niedrigsten. Insgesamt geben 43 Prozent der befragten Unternehmen in Deutschland an, offene Stellen teilweise nicht besetzen zu können.

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Laut einer Umfrage des Personaldienstleisters Manpower Group unter 1050 Firmen melden 86 Prozent der Unternehmen zumindest Probleme beim Besetzen offener Stellen. Innerhalb von zehn Jahren habe sich der Fachkräftemangel damit mehr als verdoppelt und liege deutlich über dem globalen Durchschnitt von 74 Prozent.

Besonders betroffen sind der Manpower Group zufolge Unternehmen aus der Energiebranche mit 92 Prozent. Auch im Gesundheitswesen und in der IT-Branche (je 89 Prozent) übersteigt demnach die Nachfrage nach Fachkräften mit spezialisierten Kompetenzen das Angebot bei weitem.

Umso wichtiger ist es für die betroffenen Firmen, ihre Angestellten zu halten. Auf der Liste der Gründe für einen Jobwechsel steht ein zu niedriges Gehalt mit 38 Prozent der Stimmen ganz oben, dicht gefolgt von hohem Stresslevel und Unzufriedenheit mit der direkten Führungskraft. 

Frauen haben demnach oft andere Motive für einen Jobwechsel als Männer. So nannten 44 Prozent der Frauen Stress als Kündigungsgrund, unter den Männern war es weniger als ein Drittel. Auch die direkte Führungskraft führt bei Frauen sehr viel öfter zum Jobwechsel als bei Männern. Für Männer sind fehlende Aufstiegschancen ein deutlich wichtigerer Grund, nicht bei einem Unternehmen zu bleiben. Auch die Lust auf Abwechslung hat bei ihnen höhere Priorität als bei Frauen.

Die Wechselbereitschaft von Frauen war seit Beginn der Forsa-Befragung 2012 stets niedriger als die männliche. In manchen Jahren dachten 40 Prozent der Männer darüber nach, den Arbeitgeber zu wechseln. Das änderte sich im ersten Jahr der Coronapandemie. Seitdem pendelt die Bereitschaft unter den Geschlechtern hin und her, liegt insgesamt aber relativ konstant zwischen 36 und 37 Prozent.

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